Dynamic Pricing im E-Commerce – wichtiges Tool mit kleinen Risiken

13 Juli, 2021

Um wettbewerbsfähig zu bleiben und die eigenen Absatzchancen zu steigern, benötigen Onlinehändler ein gutes Pricing-Modell. Dynamische Preise können die Lösung sein – bergen aber auch gewisse Fallstricke.

Eine der vielen Herausforderungen im E-Commerce besteht darin, wettbewerbsfähige Preise anzubieten, ohne die eigene Gewinnmarge zu sehr zu schmälern. Um Ihre Kunden nicht an die agile Konkurrenz zu verlieren, sollten Sie die Preise Ihrer Produkte an das Marktumfeld anpassen.

Eine mögliche Lösung: dynamische Preise. Angebot und Nachfrage, Konkurrenz, saisonale Schwankungen oder das Kaufverhalten der Kunden beeinflussen nicht nur, wie gut ein Business läuft – sie sind auch wesentliche Faktoren für eine dynamische Preisgestaltung.

Die nötige Technologie dafür ist glücklicherweise nicht nur den Branchenriesen vorbehalten. Mit entsprechender Software kann heutzutage jeder Onlinehändler seine Preise dynamisch an seinen Kunden und den Gegebenheiten des Markts ausrichten.

Was bedeutet Dynamic Pricing genau?

Vereinfacht gesagt: Sie verlangen für dasselbe Produkt oder dieselbe Dienstleistung unterschiedliche Preise – entweder von verschiedenen Personen(-gruppen) oder aber zu unterschiedlichen Zeitpunkten.
Letzteres ist im Einzelhandel nichts Neues mehr – als klassisches Beispiel dafür dienen Reiseunternehmen oder auch Tankstellen: Zu Ferienbeginn wird das Benzin teurer; genauso wie morgens – hier kostet der Kraftstoff im Tagesvergleich am meisten. Wer auf dem Weg zur Arbeit oder in den Urlaub feststellt, dass sein Tank fast leer ist, hat keine andere Wahl, als nochmal schnell zu tanken. Die Tankstellen rechnen mit einer erhöhten Nachfrage und verlangen mehr Geld fürs Benzin – sie passen ihre Preise also dynamisch an die Nachfrage an. Selbst die gute, alte Happy Hour in der Stammkneipe fällt unter Dynamic Pricing – in der Zeit, in der die Bar eher weniger gut gefüllt ist, sind die Getränke am günstigsten. Das lockt Gäste an.

Die massive Erhebung von Daten im Onlinehandel erlaubt es Händlern, neben Angebot, Nachfrage und Wettbewerb viele weitere Faktoren in die dynamische Preisgestaltung einfließen zu lassen – etwa, von welchem Endgerät oder Betriebssystem der Kunde auf den Shop zugreift. Nutzt der Kunde beispielsweise ein iPhone, suggeriert das eine höhere Kaufkraft; der Händler hätte also die Möglichkeit, von diesem Kunden einen höheren Preis für dasselbe Produkt zu verlangen. In diesem Fall würde dem gleichen Kunden ein anderer Preis angezeigt, würde er als Endgerät ein Android-Smartphone nutzen. Das ist aber auch gefährlich – etwa dann, wenn der Kunde das herausfindet und sich unfair behandelt fühlt.

Dynamic Pricing & Transparenz

Ein wichtiger Punkt: Was weiß der Verbraucher? Sie können Dynamic Pricing auf zwei unterschiedliche Arten anwenden: angekündigt oder unangekündigt. Im ersten Fall ist allen Beteiligten klar, dass gewisse Personengruppen bevorteilt werden oder aber Produkte zu einem bestimmten Zeitpunkt günstiger sind. Das trifft beispielsweise auf Rabatte für Studenten und Senioren oder einen Sommerschlussverkauf zu. Hier berücksichtigt die Preisgestaltung Faktoren wie die angenommene Kaufkraft bestimmter Personengruppen bzw. die saisonale Nachfrage.
Diese Art der dynamischen Preisgestaltung ist weit verbreitet und im E-Commerce gerade für Marketingaktivitäten bei internationalen Feiertagen oder Shoppingereignissen wie dem Black Friday interessant.

Spannender, aber auch risikoreicher ist unangekündigtes dynamisches Pricing – denn hier weiß der Kunde nicht unbedingt, dass der ihm angezeigte Preis dynamisch generiert wurde. Findet er es heraus, kann das negative Folgen für das Image Ihrer Marke haben. Im Falle der oben genannten Tankstellen ist Dynamic Pricing mittlerweile gesellschaftlich akzeptiert; das sah zu Beginn allerdings noch ganz anders aus.

Die Vorteile von Dynamic Pricing

Im Grunde können Sie mit der entsprechenden Software Peak Load Pricing in kürzester Zeit umsetzen und in Echtzeit auf Schwankungen bei Angebot und Nachfrage reagieren. Ist ein Produkt begehrt, steigt sein Preis. Ladenhüter dagegen sind günstiger zu haben.

Im Onlinehandel ist Amazon dafür berühmt, die Preise seiner Produkte mitunter mehrmals täglich zu ändern. Das kann neben der Verfügbarkeit eines Artikels weitere Gründe haben, wie etwa die Preisentwicklung bei den Wettbewerbern. Ändert ein Konkurrent seine Preise, muss das eigene Business nachziehen, um wettbewerbsfähig zu bleiben.

Im Modehandel ist es ebenfalls üblich, die Preise einzelner Stücke im Verlauf einer Saison mehrfach zu ändern. So sind Fashionpieces bei Markteinführung teurer als während der Saison, wenn es darum geht, unverkaufte Bestände zu minimieren.

Händler haben also gleich mehrere Vorteile davon, ihre Preise dynamisch anzupassen:

  • Maximierung von Umsatz und Gewinn
  • Schnellere Reaktion auf Veränderungen der Nachfrage
  • Erhöhung der Wettbewerbsfähigkeit
  • Ausgleich saisonaler Schwankungen
  • Vermeidung von hohen Lagerbeständen

Zudem sind dynamische Preise vorteilhaft für die Customer Experience – zumindest dann, wenn sie transparent und nachvollziehbar sind. Denn welcher Kunde freut sich nicht darüber, wenn ein Sale startet und er das gewünschte Produkt günstiger bekommen kann?

Personenbezogene dynamische Preisänderung

Das bedeutet nichts anderes, als dass Sie im Grunde jedem Kunden einen individuellen Preis anbieten könnten. Hintergrund des Ganzen ist die Annahme, dass die Zahlungsbereitschaft verschiedener Kunden unterschiedlich stark ausgeprägt ist – abhängig von diversen Faktoren. Erhöhen Sie den Preis für ein Produkt abhängig von der Kaufkraft des Kunden, steigern Sie Ihren Gewinn.

Folgende Faktoren spielen dabei eine Rolle:

  • demographische Daten (Alter, Geschlecht, Standort)
  • Endgerät/Betriebssystem
  • Kanal (direkt zum Shop, Vergleichsseite, Suchmaschine, Affiliate-Link)
  • Kaufverhalten (Neu- oder Bestandskunde?)
  • Suchverhalten (ist bereits Interesse am Produkt vorhanden?)
  • Wetter, Saison

Ein Kunde, der ein Produkt bereits mehrfach gesucht und womöglich sogar auf die Merkliste gesetzt hat, scheint ein generelles Kaufinteresse zu haben – offensichtlich ist ihm der angezeigte Preis bislang aber zu hoch. Dasselbe gilt für Warenkorbabbrüche. Dynamic Pricing ermöglicht es Onlinehändlern, diese Informationen für eine individuelle Preisgestaltung zu nutzen.

Der Nachteil von Personal Dynamic Pricing: Kundenerwartungen

Verbraucher empfinden unterschiedliche Preise für dasselbe Produkt und beim selben Händler in der Regel als unfair – selbst wenn sie konkret davon profitiert haben. Schließlich könnten sie beim nächsten Mal diejenigen sein, die dann den höheren Preis bezahlen. Ist der Preisunterschied nachvollziehbar - etwa durch eine vorher kommunizierte Rohstoffknappheit beim Zulieferer - verzeihen sie ihn aber auch eher.

Zudem hat jeder Verbraucher eine ungefähre Vorstellung davon, was ein Produkt kosten sollte – den Referenzpreis. Weicht der angezeigte Preis zu sehr davon ab, überlegt sich der Kunde den Kauf noch einmal. In die gleiche Kerbe schlägt die Preiserwartung: Fallen in einer Branche die Preise langfristig, erwartet der Kunde eine Fortführung dieses Trends und hält sich mit dem Kauf womöglich erst einmal zurück.

Für Onlinehändler stellt sich also die allgemeine Frage, ob sie dynamische Preise überhaupt kommunizieren und wie sie damit umgehen, wenn eine Kunde herausfindet, dass er vermeintliches “Opfer” von individuellem Dynamic Pricing geworden ist. Ein Shitstorm in Sozialen Netzwerken ist nicht unbedingt der beste Wachstumstreiber. Glaubwürdigkeit und Image stehen also auf dem Spiel, wenn Sie es mit den dynamischen Preisanpassungen zu sehr auf die Spitze treiben.

Eine Lösung: Arbeiten Sie mit Rabatten und Coupons

Individuelles Dynamic Pricing lässt sich hervorragend über den Versand von personalisierten Rabattgutscheinen und Coupons an Bestandskunden abbilden. Dadurch fühlt sich der Kunde nicht nur abgeholt und womöglich sogar geschmeichelt; er bekommt auch den Eindruck, ein besonderes Schnäppchen gemacht zu haben, während Sie ihm weitere Artikel schmackhaft machen können. Verschiedenen Kunden können Sie dadurch unterschiedlich hohe Nachlässe gewähren. Der eigentliche Produktpreis wäre in diesem Fall für alle Kunden derselbe – die dynamische Preisgestaltung findet über die Rabattierung statt.

Der Vorteil davon? Im Shop ist der Preis für alle gleich, die Kunden fühlen sich also nicht über den Tisch gezogen – vielmehr freuen sie sich über personalisierte Angebote und Aktionen. Der Begriff Rabatt zieht immer!

Wie bestimme ich dynamische Preise genau?

Um die besten Preise für Ihre Produkte zu berechnen, müssen Sie zum Glück nicht mehr Unmengen von Excel-Tabellen verwalten. Dynamic Pricing wird mittlerweile automatisiert und mit Hilfe von Algorithmen implementiert. Eine KI wertet Daten und Unternehmensregeln aus, auf deren Grundlage sie den optimalen Preis für ein Produkt ermittelt. Dabei entwickelt sie sich stetig weiter und wird somit auch immer präziser – man spricht hier auch von Machine Learning.

Welche Daten und Regeln genau zur Ermittlung der dynamischen Preise herangezogen werden, bestimmen wiederum Sie. Das gilt auch für die Kontrolle über das System: Selbst Maschinen machen Fehler. Entspricht ein vom Algorithmus vorgeschlagener Preis nicht Ihren Vorstellungen, können Sie ihn auch einfach ignorieren.

Fazit: Setzen Sie Dynamic Pricing ein – aber mit Bedacht

Dynamische Preise bergen ein großes Potenzial und viele Vorteile bei einer vergleichsweise einfachen technischen Umsetzung. Sie können agil auf Veränderungen reagieren und höhere Gewinnmargen realisieren. Dank der Menge an erhobenen Daten lassen sich die Algorithmen außerdem sehr gut füttern, was deren Ergebnisse wiederum genauer macht.

Die Akzeptanz der Verbraucher ist allerdings ein zweischneidiges Schwert – hier hilft der Umweg über individuelle Rabatte, falls Sie ein personenbezogenes Dynamic Pricing in Erwägung ziehen.

 

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